Frauen in der Informatik

Das Institut für Informatik kommt zusammen

Ein Bericht über das erste offene Gesprächsforum an unserem Institut 

Gesprächsthemen am 20.12.23

Lasst uns sprechen

Erstmals am Institut für Informatik gab es am 20. Dezember 2023 ein offenes Gesprächsforum, in dem Student-innen, Professor-innen und Mitarbeiter-innen zusammen einen freien Diskurs über die Zukunft des  Instituts, bestehende Probleme und Herausforderungen führten.

“Wir wollen eine bessere Atmosphäre für alle schaffen. Dabei ist der erste Schritt immer: Zuhören”.

Dirk Nowotka, in einem Interview am 11.01.24

Das sagte mir der Geschäftsführende Direktor des Instituts, Dirk Nowotka, zu der Zielsetzung für die Veranstaltung. Erstmals kam die Idee eines Gesprächsforums in einer Klausurtagung der Informatik im Oktober 2023 auf und wurde in den folgenden Vorstandssitzungen weiter verfolgt und geplant. Dabei wurde bereits deutlich: Das Bedürfnis nach Austausch mit den Studierenden und Mitarbeitenden, danach Verständnis untereinander zu schaffen und eine gute Atmosphäre, in der sich jeder wohlfühlt und seine Anliegen gerne kommuniziert, ist da. Bei der Planung gab es zunächst Schwierigkeiten, denn schließlich wurde eine solche Veranstaltung zum ersten Mal auf die Beine gestellt. Allein die Terminfindung war aufgrund der durchaus voneinander abweichenden Terminkalender von Studis, Professor-innen und Mitarbeiter-innen sehr schwierig. Auch sollte das Gesprächsforum professionell begleitet werden und einen guten und effektiven Austausch ermöglichen. Letztlich moderierten zwei Mitarbeiterinnen der Personalentwicklung der CAU, Stefanie Brüning und Wiebke Skala, souverän und sympathisch die Veranstaltung, an der viele Angehörige des Instituts teilnahmen.

Ablauf und Themen

Ablauf des Tages

Das Gesprächsforum begann um 14 Uhr mit einem lockeren Intro. Durch kurze Impulsfragen wie “Wie stelle ich mir die Atmosphäre am Institut 2024 vor?” oder “Wie nehme ich die Atmosphäre momentan wahr”, die in rotierenden Kleingruppen beantwortet werden sollten, entstanden erste angeleitete Gesprächskontakte zu anderen Teilnehmenden sowie erste Reflektionen darüber, worüber im weiteren Verlauf gesprochen werden könnte. Anschließend  durften die Teilnehmenden sich dem Thema zuordnen, über das sie am liebsten sprechen wollten, und dann wurde auch schon in Gesprächskreisen angeregt diskutiert und Ergebnisse auf Moderationskarten festgehalten. 

Ich habe bei acht Gesprächskreisen reingehört und einige Ideen, die dort aufkamen, zusammengefasst.

1. Thema: Weitere Austauschformate

Hier wurde sich die Frage gestellt, welche weiteren Formate und Medien das Institut nutzen kann, um Austausch zu ermöglichen. Dabei wurde herausgestellt, dass ein Austausch über die Hierarchiegrenzen hinweg notwendig ist und sich dafür die Studis, Professor-innen und Mitarbeiter*innen kennen sollten. Als ein mögliches Format wurde das Sommerfest der Fachschaft genannt, bei dem auch die Best-Prof-Awards verliehen werden und das in einem gemütlichen Setting das Institut zusammenbringt. Auch wurde die Idee eines gemeinsamen Instituts-Terminkalenders diskutiert, was ein sehr kreativer und notwendiger Lösungsvorschlag ist, wenn man bedenkt, dass auch für den 20.12. die Terminfindung schwierig war.

2. Thema: Achtsamkeit fördern

Was ist uns wichtig als Institut? Wo gibt es Probleme und wie sehen diese konkret aus? Diese Fragen wurden in der Gruppe “Achtsamkeit fördern” besprochen. Dabei wurde festgehalten: Es geht nicht um ein einfaches Kommunizieren von konkreten Problemen, sobald sie am Institut auftauchen. Stattdessen ist ein Bewusstsein nötig, dass es immer Herausforderungen gibt, man sich stetig verbessern muss und dafür Vertrauen zwischen allen Institutsmitgliedern notwendig ist. Es wurden verschiedene Vorschläge diskutiert, zum Beispiel bereits die Orientierungswoche für Erstis zu nutzen, um auf Austauschmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Auch wurde das Frauen-Café gelobt, das ein Austauschforum für eine signifikante Minderheit am Institut ist: Frauen. Gelobt wurde außerdem das Konzept, Spielregeln für eine Veranstaltung einzuführen, wie die Moderatorinnen Stefanie Brüning und Wiebke Skala es für den 20.12. taten. Diese Spielregeln förderten vor allem die gute Kommunikation: zum Beispiel, dass man sich gegenseitig zuhört, auf Augenhöhe begegnet und auch, dass man Zeitmanagement betreibt, um die Kommunikation zu strukturieren. Es wurde der Wunsch geäußert, dass diese Spielregeln auch in weiteren Gesprächsformaten, Workshops, etc. Anwendung finden.

Umgangsregeln für den Tag

3.Thema: Was geht vor am Institut und wie können wir davon erfahren?

Diese Gruppe hat sich die Frage gestellt, wie jedes Institutsmitglied zeitnah und einfach über Neuigkeiten am Institut informiert werden kann. So wurde als konkreter Lösungsvorschlag die Etablierung eines Newsletters besprochen. Dieser solle an alle Institutsmitglieder monatlich verschickt werden und Ergebnisse aus Klausurtagungen, Projekte der Fachschaft, neue Publikationen oder Forschungsprojekte etc. zusammenfassen. Um auch die Informatik-Forschung an der CAU  bekannter zu machen, wurden öffentliche Vorträge durch Doktorand*innen vorgeschlagen und ebenso gemeinsame Feiern. Dies solle dazu beitragen, dass Professor*innen, Studis und Mitarbeiter*innen auf dem gleichen Stand bleiben, was in der Studierendenschaft, was in der Lehre oder in den Direktorien gerade besprochen wird. Ein Problem, das dabei identifiziert wurde, ist das einer angemessenen Raumfindung. Für Treffen und Feiern müssen selbstverständlich zunächst passende Räumlichkeiten an der Uni gefunden und gebucht werden. Das ist jedoch nicht immer so einfach. Wie dies gelöst werden kann, kann ja vielleicht in einem nächsten Gesprächsforum im Mai 2024 tiefer diskutiert werden. 

4.Thema: Wie beziehen wir die Bedürfnisse der Techniker*innen und der Verwaltung mit ein?

Wichtige Institutsmitglieder, die manchmal – nicht nur an unserem Institut – bei allen Überlegungen vergessen werden, sind die Sekretariate und das technische Personal, die ebenso Akteure und Mitglieder des Instituts sind. Alle verwaltungstechnischen Fragen wie beispielsweise Hiwi-Verträge werden von Mitarbeitenden des Prüfungsamts erledigt. Was sind deren Bedürfnisse und wie können wir diesen respektvoll begegnen? Dieser Gruppe war dabei vor allem ein konkreter Lösungsvorschlag besonders wichtig: ein Notfallknopf in allen Büros, wodurch an der Pforte sofort übermittelt wird, dass es einen Notfall gibt und Hilfe frühzeitig eintreffen kann. Motiviert war dieser Lösungsvorschlag durch einige konkrete Vorfälle, in denen Studierende gegenüber Mitarbeitende aufdringlich wurden. Auch wurde ein “Get Together”-Forum für die Technik&Verwaltung vorgeschlagen und zum Schluss ein wichtiger Appell an die Teilnehmenden gegeben: Danke sagen! Wertschätzung für die Arbeit der Menschen zeigen, ohne die es dieses Institut in seiner jetzigen Form nicht geben würde. 

5.Thema: Wie gehen wir mit Diversität in Lerntempi um?

Besonders viele Studis haben sich diesem Thema zugeordnet und nicht ohne Grund. Der Vorlesungsbetrieb, Fristen für Abgaben etc. sind auf ein bestimmtes Lerntempo ausgelegt. Hier hat sich gezeigt, dass Professor*innen und Mitarbeiter*innen durchaus ein tiefes Verständnis und Bewusstsein für die Probleme von Studierenden mit dem Vorlesungsbetrieb, Klausuren und Zulassungen zeigen. So wurden viele Probleme und Lösungsvorschläge besprochen. Kann es andere Modelle für Klausurzulassungen geben, die Diversität stärker berücksichtigen? Dabei wurde festgehalten, dass verschiedene Lerntempi aus unterschiedlichsten Gründen resultieren. Zum Beispiel wurde angemerkt, dass sich während der Vorlesungszeit Studierende für die Abgabe von Prüfungsvorleistungen bei körperlichen Beschwerden krankschreiben lassen können. Aber wie geht man mit psychischen Beschwerden um? Was ist, wenn es einen familiären Vorfall gab, von dem man sich psychisch erholen muss, wie dem Tod eines Familienmitglieds? Bietet das Institut derzeit genug Möglichkeiten, sich in solchen Fällen von einer Abgabe befreien zu lassen? Es wurden außerdem einige konkrete Lösungsvorschläge dargestellt, wie Wiederholungen des Vorlesungsstoffs in Übungen durchzuführen, verschiedene Vorlesungsformate für verschiedene Lerntempi (Videos, weitere Beispiele, Quellen) einzuführen und außerdem Quizze während der Vorlesungszeit über den Vorlesungsstoff durchzuführen, um Defizite in den eigenen Kompetenzen zu erkennen, ohne dass dies die Zulassung zur Klausur gefährdet. Dies würde den Druck von Studierenden nehmen, eine angenehmere Lernatmosphäre schaffen und Diversität in Lerntempi berücksichtigen.

6.Thema: Wie berücksichtigt das Institut die Bedürfnisse von Studis mit Familie und Nebenjobs?

Dies war die Gruppe mit der geringsten Teilnehmerzahl, obwohl über ein wichtiges Thema im Sinne von Gleichstellung und Gerechtigkeit gesprochen wurde: Wie berücksichtigen wir die Bedürfnisse von Menschen mit besonderen Lebensumständen? Vorgeschlagen wurde das Thema von Sandro Esquivel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut (Webseite), der mir sagte:

Ich habe das Thema vorgeschlagen, weil ich in meiner Arbeit immer wieder mitkriege, wie oft dieses Problem von Studierenden angesprochen wird, ohne dass dem große Berücksichtigung zukommen würde. Hier ist ein Umdenken notwendig“.

20.12.2023

Dabei wurde ein wichtiger Punkt festgehalten: Studierende mit Kindern werden größtenteils durchaus beachtet. Eine Gruppe, die oft vergessen wird, sind allerdings Studierende, die neben der Uni arbeiten müssen. Wer 20h pro Woche neben der Uni arbeitet, hat weniger Zeit, Vorlesungen nachzuarbeiten und zu lernen. Außerdem gibt es bei Werkstudentenjobs auch öfter mal Überschneidungen zwischen Arbeitszeit, Vorlesung, Übung und auch Klausuren. Diese Studierenden werden derzeit so gut wie gar nicht am Institut beachtet, geschweige denn entlastet. Dabei ist dies ein Problem sozialer Gerechtigkeit, denn manche Studierende kommen aus sozial schwächeren Familien und verlieren ihren BAfög Anspruch (z.B. wenn sie ihr Studienfach nach dem 4. Semester wechseln) und sind somit gezwungen, neben und zur Finanzierung des Studiums zu arbeiten.

7.Thema: Wie schaffen wir Austausch über Hierarchiegrenzen hinweg?

In einer Diskussionsrunde mit zwei Professoren wurde festgestellt, dass sie beide zu viele E-Mails erhalten. Obwohl sie den Wunsch haben, auf die schriftlichen Anliegen von Studierenden und Mitarbeitern zeitnah zu reagieren, ist dies oft nicht möglich, da sie nicht alle E-Mails lesen können. Dies erschwert eine einfache und effektive Kommunikation zwischen Studierenden und Professoren Ein konkreter Lösungsvorschlag war die Einführung eines institutsweiten E-Mail-Tags, um die E-Mails der Studierenden am Institut besser zu organisieren und zu priorisieren.

8.Thema: Inklusion & Diversität fördern/ Gleichstellung und Mitsprache

Diskussion zwischen zwei Teilnehmenden. Thomas Wilke (Professor) und Annika Huch (Mitarbeiterin)

Es stellt sich auch immer die Frage, wie das Institut es schafft, eine gute Atmosphäre am Institut nicht allein für die Mehrheit, sondern für alle Menschen, die das Institut der Informatik ausmachen, zu schaffen. Deshalb war in fast allen Gesprächskreisen das Thema “Inklusion und Diversität fördern” ein wichtiges Thema. Es haben sich auch ein paar Gesprächskreise explizit diesem Thema gewidmet. Dabei wurde festgehalten, dass es mehr Treffen des gesamten Instituts geben sollte, wo es nicht immer um Probleme gehen muss, sondern manchmal auch um das, was alle am Institut unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder sozialem Status vereint: der Wunsch, Wissenschaft zu betreiben und in der Informatik tätig zu sein. Besonders angesichts der Geschehnisse und der medialen Aufmerksamkeit im letzten Jahr wünschten sich viele Teilnehmenden, dass der Fokus wieder mehr auf Gemeinschaft und Gemeinsamkeiten statt auf Unterschiede gelegt wird. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass es Probleme immer geben wird und dass man mit der Schaffung einer gesunden Atmosphäre, in der man gerne miteinander spricht, diese konstruktiv angehen kann. Wer beispielsweise eine Sexismuserfahrung im Studium erlebt, hat bei einer gesunden Lern-/Lehr-Atmosphäre und in einer starken institutionellen Gemeinschaft eventuell weniger Scheu, dies zu kommunizieren.

Der Geschäftsführende Direktor Dirk Nowotka sagte mir dazu:

Unser Institut war nicht bekannt dafür, ein Diskriminierungsproblem zu haben. Es ist ein gesellschaftliches Problem, so auch an anderen Orten und Instituten. Das Institut für Informatik ist kein Beispiel für einen Ort, wo das Problem besonders groß ist. Als Institut geht es uns auch um die strategische Entwicklung des Wissenschaftsbetriebs hier in Kiel, denn das ist am Ende, weshalb wir am Institut arbeiten und studieren: Wissenschaft. Wie ziehen wie neue Talente an? Welche Arbeitsgruppen und Themenschwerpunkte wollen wir mit den begrenzten Ressourcen fördern? „.

Aus einem Interview am 11.01.24

Abschlussrunde und Abschied

Präsentation der Ergebnisse

Nach knapp zwei Stunden neigt sich das Gesprächsforum dem Ende zu und die Teilnehmenden werden gebeten, ihre Ergebnisse mithilfe von Präsentationskarten und Postern im Plenum vorzustellen und zu dokumentieren.

Ich schaute während den Vorstellungen in die Versammlung und sah hier und da ein vehementes Nicken, manchmal nachdenkliche Gesichter, ein Lächeln, aber vor allem Neugier und Konzentration auf das was gesagt wurde. Es war deutlich: Die Teilnehmenden des Gesprächsforums waren da, weil es sie interessiert, wie die Atmosphäre am Institut positiv gestaltet werden kann.

Ergebnisse der Kleingruppen

Kurz vor Weihnachten wurde noch fleißig Lebkuchen gegessen, der letzte Becher Punsch, der für den Tag beschafft wurde, geleert und allmählich klang nach den Abschlussworten der Moderatorinnen der Nachmittag aus. Ein Feedback durfte auch gegeben werden, anhand eines Feedbackfelds auf einem Flipchart. Das Gesprächsforum wurde mehrheitlich als sehr positiv wahrgenommen. Dabei zeichnete sich für mich ein Bild ab und zwar das einer Gemeinschaft, was mich dann auch noch zu einer letzten Frage an den Geschäftsführenden Direktor führte: Herr Nowotka zum Schluss unseres Interviews vielleicht noch eine etwas philosophische Frage: Warum ist uns Gemeinschaft überhaupt wichtig?

Der Mensch ist ein sozialbezogenes Wesen. Gemeinschaft ist für unser Wohlbefinden essenziell und wir sollten nicht vergessen, dass wir einige Jahre hier zusammen verbringen. Es ist wichtiger, wie wir unsere Zeit verbringen als was wir tun. Es ist Lebenszeit und diese gut miteinander zu verbringen ist wichtig„.

Aus einem Interview am 11.01.24

Das erste Gesprächsforum des Instituts für Informatik war zusammenfassend ein großer Erfolg, der von der überwiegenden Mehrheit der Teilnehmenden als sehr positiv und sinnvoll empfunden wurde. Deshalb begann die Planung für ein nächstes Gesprächsforum bereits im Januar und wird am 05. Juni 2024, ab 14:00 Uhr erneut stattfinden. Die Hoffnung ist, dass man diese Gesprächsforen jedes Semester anbieten kann und diese auch weiterhin zahlreich besucht werden. Dabei ist es ein Anliegen der Veranstalter das Projekt stetig zu verbessern. Zum Beispiel wird überlegt im nächsten Gesprächsforum unter Moderation auch Diskussionen in großer Gruppe zu führen und vielleicht danach ein Grillfest anzuhängen. Dafür freuen sich alle Mitarbeitenden und Professor-innen des Instituts über eure Vorschläge und Anregungen, wie man das nächste Gesprächsforum noch angenehmer und effizienter gestalten kann. 

Autor*in: Yildiz Culcu ist studentische Hilfkraft am Institut für Informatik und studiert Informatik im dritten sowie Philosophie im fünften Semester. Seit Ende letzten Jahres übernimmt sie unter anderem journalistische Tätigkeiten für den Blog https://frauen.inf.uni-kiel.de/

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